Zur Haftung für Stromschulden nach § 826 BGB wegen Verstoß gegen Mitteilungpflicht nach § 2 Abs. 2 StromGVV/GasGVV/AVBFernwärmeV /AVBWasserV

Zur Haftung für Stromschulden nach § 826 BGB wegen Verstoß gegen Mitteilungpflicht nach § 2 Abs. 2 StromGVV/GasGVV/AVBFernwärme/AVBWasserV

  • Ein Versorgungsunternehmen, das im Rahmen der Grundversorgung Elektrizität liefert, hat ein besonders schützenswertes rechtliches Interesse daran, zu erfahren, wer sein Kunde ist. Denn der Grundversorgungsvertrag kommt nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande, sondern dadurch, dass die Realofferte des Versorgers durch sozialtypisches Verhalten (Entnahme von Strom) angenommen wird.
  • Nach § 826 BGB kann derjenige wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung haften, der die erforderliche Mitteilung gegenüber dem Versorgungsunternehmen unterlässt, wer dessen Vertragspartner ist. Ist Eigentümerin eines Grundstücks, das im Rahmen der Grundversorgung mit Elektrizität beliefert wird, eine juristische Person, trifft die Mitteilungspflicht deren gesetzlichen Vertreter.
  • Der gesetzliche Vertreter haftet jedenfalls dann persönlich, wenn er auch auf Nachfrage des Versorgungsunternehmens nicht für Aufklärung sorgt, wer dessen Vertragspartner ist, obwohl er hierzu aufgrund seiner Stellung ohne weiteres in der Lage wäre. Die unterlassene Aufklärung genügt in diesem Fall für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes.
  • Kann das Versorgungsunternehmen seine berechtigten Ansprüche mangels Kenntnis seines Vertragspartners nicht durchsetzen, haftet der Mitteilungspflichtige persönlich in Höhe der angefallenen Stromkosten.

 

im September 2014

ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart

 

OLG Nürnberg

Geschäftsnummer: 2 U 2401/12

Verkündet am 23.05.2014

 

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

In Sachen

Energieversorger

Klägerin

gegen

Beklagter A. ,

Beklagter

Entscheidungsgründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen. Das Landgericht Regensburg hat mit Urteil vom 13. 11. 2014 festgestellt, dass zwischen den Parteien bezüglich der Verbrauchsstelle E., A-straße …, im Zeitraum vom 01.08.2010 bis zum 31.12.2011 kein Vertragsverhältnis bestand und der Kläger (Kl.) der Beklagten (Bekl.) weder aus dem bei der Bekl. geführten Vertragskonto … noch aus einem anderen bei der Bekl. geführten Vertragskonto für den Zeitraum bis einschließlich 31.12.2011 € 5.937,28 für die Verbrauchsstelle in E., A-straße …, schuldet.

Die Bekl. hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und zuletzt beantragt: (. . .)

II.     Die zulässige Berufung der Bekl. ist unbegründet, soweit sich der Feststellungsausspruch nicht durch Erhebung der Widerklage erledigt hat.

                        ( … )

III.    Der Widerklage war in Höhe von 5.007,73 € stattzugeben.

1. Die Widerklage …….

2.      Die Widerklage der Bekl. ist im Übrigen bis auf einen Betrag von 132,00 € begründet. Hinsichtlich der Mahn- und Inkassokosten von 132,00 € hat der Kl. der Widerklagerücknahme nicht zugestimmt. Wegen des fehlenden Sachvortrags der Bekl. bezüglich dieser Positionen war die Widerklage als unbegründet abzuweisen. Die Bekl. hat gegen den Kl. persönlich Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 5.007,73 € (Stromentnahme im Zeitraum vom 01.08.2010 bis 31.12.2011 in dem Anwesen E., A-straße …) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Der Kl. hatte als gesetzlicher Vertreter der Grundstückseigentümerin, der Firma A. Limited mit Sitz in Birmingham, die Pflicht, der Bekl. nach Beendigung des Vertrages mit der vorherigen Stromlieferantin unverzüglich in Textform mitzuteilen, dass die Elektrizität mit Wirkung ab 01.08.2010 im Rahmen der Grundversorgung entnommen wird, § 2 Abs. 2 Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV). Er hatte darüber hinaus die Pflicht, der Bekl. als Grundversorgerin alle für den Vertragsschluss notwendigen Daten mitzuteilen (§ 2 Abs. 3 StromGVV). Dazu gehören insbesondere Angaben zum Kunden (bei Unternehmen: Firma, Registergericht, Registernummer, Adresse; bei Privatkunden: Familienname, Vorname, Anschrift). Der Kl. hat der Bekl. gegenüber die erforderlichen Angaben zum Kunden bis heute nicht gemacht. Dies hat zur Folge, dass die Bekl. bis heute keine Kenntnis davon hat, wer ihr Kunde während der Lieferzeit war. Die Bekl. kann somit ihre Ansprüche mangels Kenntnis ihres Vertragspartners nicht durchsetzen. Sie ist in Höhe ihrer berechtigten Vergütungsforderung geschädigt. Die Haftung nach § 826 BGB wird angenommen, wenn Umstände, die dem Vertragspartner unbekannt sind, nach Treu und Glauben aber bekannt sein müssen, weil sein Verhalten bei Vertragsverhandlungen und die von ihm zu treffenden Entscheidungen davon wesentlich beeinflusst werden, sittenwidrig verschwiegen werden (Palandt-Sprau, BGB, 73. Auflage, § 826 Rn. 20). Auch bei Dritten, die nicht Vertragspartner sind, kommt eine Haftung aus § 826 BGB in Betracht, wenn diese das sittenwidrige Verhalten eines Vertragspartners bei Vertragsschluss bewusst unterstützen. Sittenwidrig ist das Verschweigen von Umständen dann, wenn ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber dem betroffenen Gläubiger, ein schwerwiegender Verstoß gegen das Anstandsgefühl vorliegt, der mit den Grundbedürfnissen loyaler Gesinnung unvereinbar ist. Das Verschweigen relevanter Umstände durch einen Dritten ist dann sittenwidrig, wenn er mit dem Schuldner gerade zur Vereitelung der Ansprüche des Vertragsgläubigers planmäßig zusammenwirkt (Palandt-Sprau, a.a.O., § 826 Rn. 23). Die Voraussetzungen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung liegen nach Überzeugung des Senats im streitgegenständlichen Fall vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt derjenige, der aus dem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt, das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Versorgungsvertrags konkludent an; eine etwaige Erklärung, er wolle mit dem Unternehmen keinen Vertrag schließen, ist unbeachtlich, da dies in Widerspruch zu seinem eigenen tatsächlichen Verhalten steht, d.h. er nimmt die Realofferte des Unternehmens durch sozialtypisches Verhalten an (BGH NJW-RR 2004,928; NJW-RR 2005, 639). Vertragspartner wird, wer auf Grund seiner Verfügungsmacht über den Versorgungsanschluss die Leistung entgegennimmt (BGH NJW 2003, 3131 ff. zur Wasserversorgung). Dies kann, muss aber nicht der Eigentümer sein. Der Grundversorger hat, da der Vertragsschluss nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen, sondern durch Annahme der Realofferte erfolgt, ein besonders schützenswertes rechtliches Interesse daran, unaufgefordert und unverzüglich darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, wer sein Kunde ist. Nur wenn der Grundversorger die Person seines Vertragspartners kennt, kann er die mit dem Abschluss des Grundversorgungsvertrages verbundenen Entscheidungen sachgerecht treffen. So kann er zum Beispiel für den Elektrizitätsverbrauch eines Abrechnungszeitraums Vorauszahlungen verlangen, wenn er nach den konkreten Umständen Zahlungsausfall oder -verzögerung befürchten muss, § 14 Abs. 1 StromGVV. Der Senat konnte nicht positiv feststellen, dass der Kl. die ihm als gesetzlichem Vertreter der Grundstückseigentümerin nach StromGVV obliegenden Mitteilungspflichten im Detail gekannt hat. Es gehört allerdings zum selbstverständlichen Allgemeinwissen, dass entnommener Strom bezahlt werden muss und dass derjenige, der den Strom liefert, die Person seines Vertragspartners kennen muss. Über dieses Allgemeinwissen verfügt nach Überzeugung des Senats auch der Kl., der mit mehreren Firmen unternehmerisch tätig ist. Der Kl. hat die erforderlichen Mitteilungen gegenüber der Bekl. nicht nur schlicht unterlassen, sondern es systematisch darauf angelegt, zu verschleiern, wer Kunde der Bekl. im Rahmen der Grundversorgung im streitgegenständlichen Zeitraum war. Er handelte mit direktem Schädigungsvorsatz. Der Kl. hat die Schwierigkeiten der uninformierten Bekl. als Grundversorgerin, herauszufinden, wer Entnehmer und damit ihr Vertragspartner ist, bewusst ausgenutzt. Aus Sicht der Bekl. kamen als Kunden alle diejenigen in Betracht, die das Objekt nutzen und demzufolge Strom – über den einzigen Zähler des Anwesens – entnehmen. Als potentielle Kunden kamen neben dem Kl. in Betracht dessen in dem Anwesen wohnende Ehefrau als vormalige Grundstückseigentümerin, die Firma A. Limited als Grundstückseigentümerin während der Bezugszeit oder eines der sonst in dem Anwesen ansässigen Unternehmen des Kl. Seine Überzeugung, dass der Kl. die ihm obliegenden Mitteilungspflichten gegenüber der Bekl. nicht etwa versehentlich, sondern mit direktem Schädigungsvorsatz verletzt hat, leitet der Senat aus dem Gesamtverhalten des Kl. ab, wie es sich ausweislich des Parteivorbringens im vorliegenden Verfahren sowie in dem Verfahren vor dem Amtsgericht E., Az. 5 C 977/11, darstellt: Unstreitig hat die Bekl. den Kl. mehrmals aufgefordert, mitzuteilen, wer am streitgegenständlichen Objekt Strom entnimmt; diese Aufforderungen hat der Kl. nie beantwortet. Vielmehr hat sich der Kl. mit Schreiben vom 09.03.2012 dagegen verwahrt, dass ihm die Jahresabrechnung 2011 übersandt wurde und er als Kunde geführt wird. Anstatt entsprechend seiner Verpflichtung der Bekl., wenn schon nicht zu Beginn des Strombezuges, wenigstens jetzt mitzuteilen, wer Kunde im Rahmen der Grundversorgung ist (z.B. die von ihm gesetzlich vertretene Grundstückseigentümerin, die Fa.A. Limited), zieht er sich dreist auf die Position zurück, weder Kunde noch Eigentümer des Objekts zu sein; er bezeichnet es als völlig unverständlich, wie die Bekl. diese Tatsache ignoriere. Zur Aufklärung hat der Kl. auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht beigetragen; er zieht sich wiederum auf die formale Position zurück, selbst nicht Kunde und auch nicht Eigentümer des Objekts zu sein. Nach Überzeugung des Senats steht der Kl. bei der gebotenen Gesamtschau jedenfalls in einem derartigen Näheverhältnis zu dem Entnehmer, dass er verpflichtet war, der Bekl. mitzuteilen, wer Stromentnehmer ist. Er ist der tatsächlich wirtschaftlich Handelnde, derjenige, der »die Fäden in der Hand hält«. Das besondere Näheverhältnis des Kl. zum Stromentnehmer und die Sittenwidrigkeit seines Handelns ergeben sich im Einzelnen aus folgenden Umständen:

(1)     Die Bekl. hat das Anwesen ab dem 01.08.2008 im Rahmen der Grundversorgung nach StromGVV mit Strom versorgt. Zuvor hatte hinsichtlich des Anwesens ein Stromlieferungsvertrag mit … Strom bestanden. Es konnte im Prozess nicht geklärt werden, mit wem dieser Stromlieferungsvertrag bestand und wann und von wem er gekündigt wurde. Die Zeugin C. H. hat im Rahmen ihrer erstinstanzlichen Einvernahme durch das Landgericht Regensburg am 02.10.2012 hierzu ausgeführt, dass … Strom ihr gegenüber – im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Stromlieferung im Rahmen der Grundversorgung am 01.08.2010 – als Stromentnehmer den Kl. persönlich gemeldet habe. Der Kl. hingegen hat vorgetragen, dass das Vertragsverhältnis mit der Firma … Strom bereits mit Schreiben seiner Ehefrau vom 10.10.2008 gekündigt worden sei. Da beide Parteien ihren Vortrag nicht durch schriftliche Unterlagen belegen konnten, bleibt offen, ob der Kl. entsprechend der Behauptung der Bekl. tatsächlich bis unmittelbar vor Beginn der Grundversorgung Vertragspartner der vorherigen Stromlieferantin war.

(2)     Nach Beendigung der Grundversorgung, ab dem 08.06.2012, bestand unstreitig hinsichtlich des Anwesens ein Stromversorgungsvertrag zwischen der M. GmbH und der Firma I.. Als Ansprechpartner ist gemäß der Auftragseingangsbestätigung der Kl. persönlich benannt. Die Zeugin H. hat bestätigt, dass sich der Kl. persönlich nach Trennung der Anlage durch die Bekl. vom Netz bei der Bekl. gemeldet und mitgeteilt habe, »welche Firma für die Stromentnahme dort zuständig« sei. Hieraus lässt sich ersehen, dass sich der Kl. persönlich nach Beendigung des Grundversorgungsverhältnisses um den Anschlussbezug gekümmert hat und dass er nicht die Eigentümerin des Grundstücks, sondern eine andere seiner Firmen als Kundin benannt hat.

(3)     Eigentümer des Grundstücks war zunächst die Ehefrau des Kl. Dr. E. W-X. Gemäß Zuschlagsbeschluss vom 26.08.2008 erwarb die A. Limited, Zweigniederlassung E., das Eigentum an dem Anwesen. Mit Beschluss des Amtsgerichts M. – Vollstreckungsgericht – wurde das Grundstück nach § 94 ZVG in gerichtliche Verwaltung genommen. Gesetzlicher Vertreter der A. Limited, Zweigniederlassung E., war bis 18.06.2013, also während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums, der Kl. Der Kl. hat, obwohl ihm die Umstände bekannt sein mussten, weder zur Dauer der Zwangsverwaltung noch dazu vorgetragen, wer während der Zeit der Zwangsverwaltung Stromlieferant und wer Abnehmer war. Hieraus lässt sich ersehen, dass der Kl. nicht nur gezielt verschwiegen hat, wer Stromentnehmer im Rahmen der Grundversorgung ist, sondern dass er auch sein Wissen nicht offenbart, wer zuvor Stromlieferant und Entnehmer war.

(4)     Unter der streitgegenständlichen Anschrift sind bzw. waren in dem streitgegenständlichen Zeitraum folgende Firmen gemeldet, deren gesetzlicher Vertreter der Kl. ist bzw. war: ( … ) Hinsichtlich der in dem Anwesen gemeldeten Firmen K & X GbR und Dr. X, Einzelunternehmen, kann offen bleiben, ob diese Firmen in dem relevanten Zeitraum tatsächlich eine Geschäftstätigkeit entfaltet haben; insoweit hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 02.10.2012 angegeben, dass beide Firmen in dem Zeitraum ab 01.08.2010 keinerlei Geschäftstätigkeit entfaltet hätten. Aus der beigezogenen Akte des Amtsgerichts E. kann ergänzend entnommen werden, dass mit der AB Limited in dem streitgegenständlichen Anwesen eine weitere Gesellschaft eine Zweigniederlassung hatte, deren gesetzlicher Vertreter der Kl. war. Hauptsitz der A. Limited, X Asset Management Limited, I. Consulting Dr. X & Associates Limited und AB Limited ist jeweils … , Birmingham, … Hieraus lässt sich ersehen, dass der Kl. in dem streitgegenständlichen Zeitraum von dem Anwesen in E. aus erhebliche geschäftliche Aktivitäten betrieben hat. Dennoch hat er zur konkreten Nutzung des Objekts keinerlei Angaben gemacht; er offenbart auch insoweit sein Wissen nicht. Fest steht, dass eines seiner Unternehmen Eigentümerin des Objektes ist; fest steht auch, dass sich ein weiteres seiner Unternehmen als neue Stromentnehmerin gemeldet hat.

(5)     Ungeklärt bleibt, wo der Kl. tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt hat. Nähere Angaben hierzu hat der Kl. nicht gemacht. Seine Behauptung, dass er seinen Wohnsitz nicht mehr in dem Anwesen, sondern vielmehr in K./Österreich habe, erscheint fragwürdig. Die vom Kl. vorgelegte Abmeldebestätigung der Stadt E. vom 11.12.2007 mit Auszugsdatum 15.12.2007, belegt nicht, dass der Kl. tatsächlich seinen Wohnsitz verlegt hat. Vielmehr bestehen Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kl. in dem streitgegenständlichen Anwesen – zumindest zeitweise aufhält und gegen seine Behauptung eines Wohnsitzes in K./Österreich. Nach einem von der Bekl. vorgelegten Rückschein hat der Kl. am 21.05.2012 für seine Ehefrau in dem streitgegenständlichen Anwesen eine Sendung entgegengenommen und den Empfang bestätigt. Nach der von der Bekl. vorgelegten Meldeauskunft der Gemeinde W./Österreich vom 30.10.2012 hat der Kl. unter der Anschrift K., W./Österreich, lediglich einen Nebenwohnsitz. Die Ladung des Kl. zu der mündlichen Verhandlung vom 2. 10.2012 im streitgegenständlichen Verfahren, die an die Anschrift K., W./Österreich, versandt wurde, kam mit dem Vermerk »verzogen« zurück. Aus der beigezogenen Akte des Amtsgerichts E. (5 C 977/11) ergibt sich, dass mehrfach Post, die an den Kl. mit Auslandsrückschein an die österreichische Anschrift versandt worden war, zurückkam. Bis zum 28.12.2011 bestand ein Nachsendeauftrag an »C. X, A-str …, E.«; die dort niedergelegte Postsendung wurde nicht abgeholt. Mit Schreiben vom 04.12.2011 gab Frau C. X, Tochter des Kl., eine weitere Postsendung in dem Verfahren des Amtsgerichts E., mit der ihr unmittelbar das gegen den Kl. ergangene Versäumnisurteil zugestellt werden sollte, zurück mit dem Bemerken: »beiliegendes Schreiben an Herrn X c/o kann über mich nicht zugestellt werden. Ich sende daher das Schreiben zu meiner Entlastung zurück.« Ein weiterer Zustellungsversuch unter der österreichischen Anschrift (Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.12.2011 gemäß Anschreiben vom 17.01.2012) kam mit dem Vermerk »Nachsendung bis 15.04.2012 c/o C. X, A-str …, E.« zurück. Hieraus lässt sich ersehen, dass der Kl. nicht nur seine tatsächlichen Wohnverhältnisse verschweigt> sondern darüber hinaus gezielt versucht, Postzustellungen an sich zu unterlaufen.

(6)     Die Zeugin C. H. hat im Rahmen ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Regensburg am 02.10.2012 glaubwürdig ausgesagt, dass im März 2012 ein Termin wegen der Anlagenüberprüfung vor Ort mit dem Gerichtsvollzieher und einem der Außendienstmitarbeiter stattgefunden habe. Dort sei Frau Dr. W-X angetroffen worden, die in diesem Objekt wohne. Diese habe gesagt, dass sie im Auftrag ihres Ehemanns niemanden aufs Anwesen lassen dürfe. Der Gerichtsvollzieher habe dann mittels Polizei und Schlosser die Anlage geöffnet und den Zählerstand und die Zählernummer festgestellt, woraufhin die Rechnung erstellt worden sei. Es seien an den Kl. und seine Ehefrau Anfragen geschickt worden, wer für diesen Zähler verantwortlich sei. Sie hätten keine Antwort erhalten. Hieraus lässt sich ersehen, dass – auch nach Angaben seiner Ehefrau – der Kl. in dem Objekt das Sagen hat und dass er versucht hat, durch Hinweis auf sein Hausrecht, ein Betreten des Objekts und eine Feststellung des Zählerstands zu verhindern. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Verhalten des Kl. nach Überzeugung des Senats darauf ausgerichtet war, der Bekl. gerade nicht mitzuteilen, wer Stromentnehmer und damit Vertragspartner der Bekl. ist. Sein Verhalten war auch darauf ausgerichtet, der Bekl. die Durchsetzung ihrer berechtigen Ansprüche in jeder erdenklichen Hinsicht zu erschweren bzw. unmöglich zu machen. Wäre der Kl. seinen Mitteilungspflichten zu Beginn des Grundversorgungszeitraums, spätestens aber nach Erhalt der Rechnung vom März 2011, nachgekommen, hätte die Bekl. prüfen können, zu welchen Bedingungen sie die Grundversorgung erbringt, zum Beispiel ob und in welcher Höhe sie Vorauszahlungen verlangt. Gerade im Hinblick darauf, dass Eigentümerin ein Unternehmen mit beschränkter Haftung mit Sitz in England ist, wäre die Forderung von Vorauszahlungen naheliegend gewesen. Erst recht hätte sich dies in Bezug auf die Person des Kl. aufgedrängt. Seiner Behauptung zufolge hatte er einen Wohnsitz in Österreich. Post konnte ihm dort aber nicht zugestellt werden. Es existierte vielmehr ein Nachsendeauftrag, wonach die Post an seine Tochter im Anwesen in Ebersberg übermittelt werden sollte. Auch die Zustellung per Nachsendeauftrag scheiterte jedoch wegen fehlender Annahmebereitschaft seiner Tochter. Der Kl. ist daher verpflichtet, im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB die für den genannten Zeitraum entstandenen Stromkosten der Bekl. zu erstatten. ( … )

IV.     ( … )

Richter am OLG

 

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