Zutritt des Versorgungsunternehmens zur Messeinrichtung / Unterbrechung der Versorgung – Amtsgericht Stuttgart Bad Cannstatt 4 C 1921/08

Zutritt des Versorgungsunternehmens zur Messeinrichtung / Unterbrechung der Versorgung

Bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung ist das Energieversorgungsunternehmen gemäß den §§ 21, 24 Abs. 2 Niederspannungsanschlussverordnung, §§ 21, 24 Abs. 2 Niederdruckanschlussverordnung und den §§ 16, 33 Abs. 2 AVBWasserV berechtigt, die Belieferung nach vorheriger Ankündigung zu unterbrechen.

ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart

 


Das nachfolgende Urteil wurde vom Amtsgericht Stuttgart – Bad Cannstattam 12.11.2008 erlassen .

Amtsgericht

Stuttgart-Bad Cannstatt

Aktenzeichen: 4 C 1921/08

Verkündet am

12.11.2008

Urkundsbeamtin der

Geschäftsstelle

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

1. Energieversorgungsunternehmen 1.

– Klägerin zu 1 –

2. Energieversorgungsunternehmen 2.

– Klägerin zu 2 –

gegen

S.E.

– Beklagter –

wegen Vornahme einer Handlung

hat das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt durch den Richter am Amtsgericht M. am 12.11.2008

für R E C H T erkannt:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, einem mit Ausweis versehenem Beauftragten der Klägerinnen den Zutritt zu der im Anwesen Musterstrasse 100 in Musterstadt befindlichen elektrischen Meßeinrichtung Kundennummer: 555555, Zählernummer: 55555 (Strom) und Zählernummer: 55555 (Gas) und Zählernummer: 55555 (Wasser) zum Zwecke der Einstellung der Strom-, Gas- und Wasserversorgung zu ermöglichen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheit der Klägerinnen in Höhe von 2.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 1.500,00 Euro

Tatbestand:

Die Klägerinnen, Energieversorgungsunternehmen, lieferten an den Beklagten für dessen Abnahmestelle in Musterstadt, Musterstrasse 100, Strom, Gas und Wasser. Für den Zeitraum vom 01.01. bis 24.11.2007 stellten die Klägerinnen dem Beklagten hierfür insgesamt 4.120,04 Euro in Rechnung. Abzüglich vom Beklagten geleisteter Vorauszahlungen in Höhe von 947,00 Euro zuzüglich Rücklauf- und Mahngebühren in Höhe von 137,63 Euro ergaben sich danach ein Restbetrag von 3.310,67 Euro und monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 455,00 Euro ab 24.12.2007 (vgl. BI. 5 f. d. A.). Am 03.06.2008 wollten die Klägerinnen nach vorherigen Mahnungen die Energie- und Wasserlieferung wegen des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rückstandes von 3.264,67 Euro (einschließlich fehlender Raten für den Zeitraum ab 24.12.2007) zuzüglich 36,00 Euro Inkassogebühren die Energie- und Wasserversorgung einstellen. Dies scheiterte an der fehlenden Zutrittsmöglichkeit zu den Messgeräten. Daher forderten die Klägerinnen den Beklagten mit Schreiben vom 03.06.2008 zur Begleichung des Rückstandes auf, verbunden mit der Androhung, andernfalls die Energielieferung einzustellen.

Die Klägerinnen beantragen daher,

wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Es könne nicht sein, dass er einen derart hohen Verbrauch gehabt habe und zur Vorauszahlung von monatlich 455,00 Euro verpflichtet sei. Denn er habe seit 01.08.2006 seine dortige Praxis im Erdgeschoß nach Nordrhein-Westfalen verlegt. Die unteren Räume im Erdgeschoß würden kaum benutzt. Seit Anfang 2007 bis Mai 2008 sei der Verbrauch für die Wohnräume im ersten Obergeschoß und im Erdgeschoß auf einen Einpersonenhaushalt reduziert. Seit Mai 2008 werde das Haus nur noch alle 14 Tage am Wochenende für 24 bis 36 Stunden benutzt. Im Übrigen rechne er mit einer Gutschrift gegen die Klägerinnen aus einer anderen Abnahmestelle auf.

Die Klägerinnen bestreiten Fehler bei der Verbrauchserfassung, zumal der Beklagte selbst die Zählerstände mitgeteilt habe. Im Übrigen bestehe eine aufrechenbare Gegenforderung nicht.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Sohn des Beklagten mit einem E-Mail-Ausdruck erschienen, wonach er vom Beklagten bevollmächtigt sei. Die Klägerinnen haben das Vorliegen einer Vollmacht bestritten. Der Sohn des Beklagten wurde einstweilen zur Prozessführung zugelassen. Eine unterschriebene Vollmacht wurde trotz Zusage nicht vorgelegt.

Unstreitig ist inzwischen, dass der Beklagte die Restforderung für den Zeitraum vom 25.11.2007 bis 15.08.2008 gemäß Abrechnung vom 02.09.2008 in Höhe von 2.586,74 Euro beglichen hat.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Gemäß den §§ 21, 24 Abs. 2 Niederspannungsanschlussverordnung, §§ 21, 24 Abs. 2 Niederdruckanschlussverordnung und den §§ 16, 33 Abs. 2 AVBWasserV sind die Klägerinnen berechtigt, bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung die Belieferung nach vorheriger Ankündigung zu unterbrechen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte ist insbesondere mit einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von insgesamt 2.354,67 Euro für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis 24.11.2007 im Verzug. Er hat diesen Betrag, der sich aus den vorgelegten Abrechnungen vom 07.12.2007 für Strom, Gas, Wasser und Schmutzwasser ergibt (eine Zahlung in Höhe von 1.000,00 Euro am 23.01.2008 ist berücksichtigt), rechnerisch nicht bestritten. Sein Vortrag, der Verbrauch könne nicht sein, ist nicht plausibel. Zum einen ergibt sich aus den Abrechnungen, dass der Beklagte die Zählerstände vom 01.01. und vom 24.11.2007 selbst abgelesen und den Klägerinnen mitgeteilt hat. Zum anderen ist der Verbrauch für den Zeitraum vom 01.01. bis 24.11.2007 (erster Zeitraum) ähnlich dem Verbrauch für den nachfolgenden zweiten Zeitraum vom 25.11.2007 bis 15.08.2008 (Selbstablesung durch den Beklagten am 15.08.2008), weshalb der Einwand des Beklagten, das Haus sei praktisch kaum bewohnt, nicht nachvollziehbar ist:

So betrug der Stromverbrauch (Haushalt) für den ersten Zeitraum (knapp 11 Monate) 3.271,80 kWh und für den zweiten Zeitraum (knapp 9 Monate) 2.862 kWh. Der Gasverbrauch (Haushalt) betrug im ersten Zeitraum 38.319 Kilowattstunden und im zweiten Zeitraum 56.539 Kilowattstunden. Der Wasserverbrauch betrug im ersten Zeitraum 188 m2 und im zweiten Zeitraum 145 m2. Das alle drei Energie- und Wasserzähler defekt sind, ist völlig unwahrscheinlich. Den bestrittenen Vortrag, ihm stehe eine aufrechenbare Gegenforderung in Höhe von 1.850,00 Euro (vgl. Schriftsatz vom 10.08.2008) bzw. ca. 2.250,00 Euro (vgl. Schriftsatz vom 21.10.2008) zu, hat der Beklagte nicht näher dargelegt, weshalb er als unsubstantiiert zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

gez.

M.

Richter am Amtsgericht

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