Erfüllungsort bei Energieabnahme bzw. Energieversorgungsverträgen – Kunde trägt die Beweislast der Erfüllung einer Forderung bzw. von Zahlungen – Amtsgericht Stuttgart 50 C 2021/10
Gemeinsamer Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen bei Energieversorgungsverträgen ist der Ort derEnergieabnahme, BGH NJW 2003, 3418
Der Kunde trägt die Beweislast dafür, dass eine Forderung durch Erfüllung erloschen ist
ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart
Das Amtsgericht Stuttgart hat folgendes Urteils erlassen:
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In Sachen
Energieversorgungsunternehmen
– Klägerin –
gegen
P. G.
– Beklagter –
wegen Versorgungsleistung
hat das Amtsgericht Stuttgart durch Richterin am Amtsgericht HB. auf die mündliche Verhandlung vom 08.09.2010
für RECHT erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 809,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz 10.03.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages kann der Beklagte die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert: 809,17 €
Tatbestand
Mit der Klage begehrt die Klägerin Zahlung der Vergütung von Strom- Wasser- und Wärmelieferungen an den Beklagten.
Der Beklagte hat in den Anlagen Musterstrasse 11 in Musterstadt von der Klägerin Strom, Wasser und Nahwärme bezogen. Streitgegenständlich sind die Rechnungen vom 05.06.2007 über 537,09 € und vom 16.06.2008 über 272,08 € betreffend die Abnahmestelle Musterstrasse 15 E, Kunden-Nr. 1111.
In der Rechnung vom 05.06.2007 ( BI. 32 ff dA) – betreffend den Verbrauch im Zeitraum vom 16.07.20006 bis 30.04.2008 sind Abschlagszahlungen des Beklagten in der Zeit vom 30.11.2006 bis 30.03.2007 in Höhe von insgesamt 952,00 € berücksichtigt. Die Rechnung vom 30.05.2008 betrifft den Verbrauchszeitraum vom 01.05. bis 30.06.2007.
Die Klägerin trägt vor,
die streitgegenständlichen Forderungen seien nicht erfüllt. Die von Beklagtenseite aufgeführten Zahlungen des Job Centers m Zeitraum 07/2006 bis 04/2007 in Höhe von insgesamt 1.741,07 € seien nicht auf die hier streitgegenständliche Forderung der Klägerin bezahlt worden. Die vorgelegten Bescheide des Job Centers könnten die vorgetragene Erfüllung bzw. Bezahlung nicht nachweisen. sie würden keine Zahlungsliste darstellen. Zudem würden diese die „Kosten der Unterkunft – Kosten der Miete“ und somit nicht den Energie- und Wasserverbrauch des Beklagten betreffen. Die vom Zeugen S. übersandte Liste BI. 109 d.A. enthalte alle an die Klägerin für die Abnahmestellen Musterstrasse 15 E und Musterstrasse 11 B geleisteten Zahlungen. Weitere Zahlungen seien nicht erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 809,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für einen Teilbetrag in Höhe von 537,09 € seit dem 22.06.2007 und für einen Teilbetrag in Höhe von 272,08 € seit dem 17.06.2008 sowie entstandene Nebenkosten in Höhe von 7,40 € zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, für ihn, der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SBG II erhalten habe, seien die Rechnungen der Klägerin seitens des Job Centers Musterstadt im Rahmen der Bewilligung von Wohnnebenkosten beglichen worden. Vom Job Center seien im Zeitraum 07/2006 bis 04/2007 insgesamt 1.741,07 € an die Klägerin überwiesen worden. Dies ergebe sich aus den Berechnungsbogen des Job Centers BI.85 ff d.A.. Diese Zahlungen seien auf die Klageforderung erfolgt; diese sei damit durch Erfüllung erloschen. Es werde bestritten, dass die von der Klägerin vorgelegte Zahlungsliste – BI. 109 d.A. – sämtliche an die Klägerin erfolgten Zahlungen enthalte.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien
samt Anlagen Bezug genommen.
Es wurde Beweis erhoben Vernehmung der Zeugen O., S. und K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 08.09.2010 (Bl. 153 ff d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Das Amtsgericht Stuttgart ist gemäß § 29 ZPO zuständig, gemeinsamer Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen bei Energieversorgungsverträgen ist der Ort der Energieabnahme – hier Musterstadt, BGH NJW 2003, 3418).
Sie ist mit Ausnahme der geltend gemachten Nebenforderungen auch vollumfänglich begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der streitgegenständlichen Rechnungen vom 05.06.2007 und 30.05.2008 in Höhe von insgesamt 809,17 €. Der in den genannten Rechnungen berechnete Verbrauch ist unstreitig, ebenso die grundsätzliche Zahlungspflicht des Beklagten auf Grund des zwischen den Parteien bestehenden Vertrages.
Der Beklagte wendet allein ein, dass die Forderung durch Zahlungen des Job Centers erfüllt ist. Dass die streitgegenständliche Forderung aber tatsächlich durch Erfüllung erloschen ist, hat der insoweit beweispflichtige Beklagte nicht nachweisen können. Die vom Beklagten dafür benannte Zeugin O., dass von 07/2006 bis 04/2007 insgesamt 1.741,07 € vom Jobcenter auf die streitgegenständliche Forderung der Klägerin gezahlt worden seien (entsprechend der Aufstellung BI. 57 d.A.), hat dies nicht bestätigt. Vielmehr hat sie glaubhaft ausgesagt, dass ab Oktober 2007 nicht die vom Beklagten genannten 223,48 € monatlich bezahlt worden seien, sondern lediglich 136,00 €. Dies korrespondiert auch mit der Zahlungsliste vom 07.06.2010. Im Juli 2006 seien zwei Zahlungen erfolgt, und zwar in Höhe von 103,96 € – dies allerdings auf die Abrechnung des den streitgegenständlichen Rechnungen vorhergehenden Zeitraums – und in Höhe von 128,00 € (wobei sich der Betrag aus den Teilbeträgen 20,74 € und 107,26 € zusammensetzt) – als Abschlagszahlung. Auch diese Zahlungen finden sich in der oben genannten Zahlungsliste wieder. Zudem hat die Zeugin überzeugend dargelegt, dass die vom Beklagten in Bl. 76 ff d.A. vorgelegten Bedarfsberechnungen nur die Berechnungen darlegt, nicht jedoch die Zahlung. Die Zahlungen ergeben sich – wie von Klägerseite vorgetragen – nach den weiteren Ausführungen der Zeugin aus der Zahlungsliste Bl.109 d.A., wobei es beim Job Center Musterstadt wegen des Umzugs des Beklagten nicht mehr zur Prüfung der streitgegenständlichen Schlussrechnungen gekommen sei; Zahlungen hierauf seien deshalb auch nicht erfolgt. Weiter ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage der Zeugin K., dass die von der Zeugin O. genannten Zahlungen vor dem 01.10.2006 nicht die streitgegenständliche Abnahmestelle Musterstrasse 15 E betrafen, sondern die weitere Abnahmestelle des Beklagten im Musterstrasse 11 B. Die Zeugin hat dabei auch nachvollziehbar geschildert, dass eine Zuordnung der Zahlungen auf die verschiedenen Abnahmestellen eindeutig möglich ist, da das Job Center bei den einzelnen Zahlungen immer den Verwendungszweck, d.h. auch die Vertragsnummer angegeben habe und für die beiden Abnahmestellen unterschiedliche Vertragsnummern bestanden hätten. Da somit der Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass auf die streitgegenständlichen Rechnungen weitere als die in der Rechnung vom 05.06.2007 berücksichtigten (und sich aus der Zahlungsliste Bl. 109 d.A. auch ergebenden) Zahlungen erfolgt sind, war er zur Zahlung des geltend gemachten Gesamtbetrages von 809,17 € zu verurteilen.
Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 291 ZPO. Einen darüber hinausgehenden Zinsanspruch hat die Klägerin nicht dargelegt. Insbesondere geriet der Beklagte nicht schon dadurch in Verzug, dass er nicht zu den in den streitgegenständlichen Rechnungen genannten Zahlungszeitpunkten zahlte. § 17 StromVV, § 27 AVBFernwärmeV bzw. § 27 AVBWasserV regeln lediglich die Fälligkeit der Forderung. Durch die einseitige Bestimmung eines Zahlungszeitpunktes durch den Gläubiger einer Forderung in der Rechnung tritt Verzug ohne Mahnung nach § 286 Abs.2 Nr. 1 BGB nicht ein (BGH NJW 2008, 50).
Bezüglich der weiteren geltend gemachten Nebenkosten hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, dass diese nach Verzugseintritt entstanden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO;
die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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