§§ 2 StromGVV/GasGVV/AVBWasserV: Energieentnahme – Realofferte – Versorgungsanspruch – Grundstückseigentümer – Vertragsbestätigung / Landgericht Stuttgart 4 O / 10
- Zur Beantwortung der Frage, wem die tatsächliche Stromentnahme als auf den Abschluss des Stromversorgungsvertrags gerichtete Willenserklärung zuzurechnen ist, kommt es darauf an, an wen sich die Stromofferte richtet und wer aus Sicht des Versorgungsunternehmers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte dieses Angebot angenommen hat (OLG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 2006 – 6 U 1179/05 -, NJW-RR 2006, 1065; LG Itzehoe, Urteil vom 3. März 2009 – 1 S 179/08 -, ZMR 2009,616 m. w. N.)
- Angebote auf Erbringung von Versorgungsleistungen richten sich typischerweise an den/die Grundstückseigentümer, weil diesen auch ein entsprechender Versorgungsanspruch zusteht (vgl. §§ 10, 12 AVBEI1V, BGH, Urteil vom 30. April 2003 – VIII ZR 279/02 -, NJW 2003,3131).
- ein Altvertrag steht dem Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags entgegen (Grundsatz des Vorrangs eines durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten, BGH, Urteil vom 17. März 2004 – VIII ZR 95/03 -, NJW-RR 2004, 928; vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 66/04 -, NJW-RR 2005, 639; OLG Koblenz a. a. 0.; LG Mühlhausen, Urteil vom 30. März 2010 – 2 S 187/09 -, zitiert nach Juris)
- Den Eigentümern eines Grundstücks steht der Anspruch auf Versorgung zu (BGH, Urteil vom 17. März 2004 – VIII ZR 95/03 -, NJW-RR 2004, 928 für Wasser)
- Der Versorgungsvertrag muss nicht schriftlich niedergelegt werden. Bei § 2 Abs. 1 Satz 2 AVBEltV handelt es sich um eine „Soll“-Vorschrift (Eckert, in Tegethoff/Büdenbender/Klinger, Das Recht der öffentlichen Energieversorgung, Loseblattsammlung, Bearb. 1998, § 2 AVBEltV, Rn 5; Zimmer, in Rayermann/Loibl, Energierecht, Berlin 2003, Teil I Kap. 4 Rn 59; LG Bielefeld, Urteil vom 7. März 1986 – 21 S 138/85 -, RdE 1986,205)
- für Verbindlichkeiten einer GbR haften alle Gesellschafter gleichermaßen, §§ 718 Abs. 1, 421 BGB.
ein Beitrag von Rechtsanwalt K. Paliakoudis – Stuttgart
Das Landgericht Stuttgart hat am 14.04.2010 nachfolgendes Urteil erlassen.
Die vom Landgericht Stuttgart angewandten Vorschriften der StromGVV können aufgrund ihrer Gleichheit bzw. Ähnlichkeit zu den Vorschriften der GasGVV bzw. AVBWasserV entsprechend angewandt werden.
LandgerichtStuttgart
8. Zivilkammer
Im Namen des Volkes
Urteil
Im Rechtsstreit
Energieversorgungsunternehmen
– Klägerin –
gegen
1. Beklagte 1
2. Beklagte 2
3. Beklagte 3
4. Beklagter 4
5. Beklagte 5
– Beklagte –
wegen Forderung
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2010 und im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPQ durch Richter am Landgericht Dr. A. als Einzelrichter
für RECHT erkannt:
1. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.313,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 5. Februar 2010 zu bezahlen.
2. Die Beklagten Ziffer 1 bis 4 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
a) aus 2.712,42 € seit 22.08.2007,
b) aus weiteren 600,38 € seit 22.09.2007 und
c) aus weiteren 0,27 € seit 26.01.2008,
jeweils bis 5. Februar 2010 zu bezahlen.
3. Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, an die Klägerin 3.587,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
a) aus 571,65 € seit 08.08.2006 und
b) aus weiteren 3.016,24 € seit 10.08.2006
zu bezahlen.
4. Die Klage gegen die Beklagte Ziff. 5 wird abgewiesen.
5. Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten Ziff. 1 bis 4 als Gesamtschuldner 76 % und die Klägerin 24 %. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 5. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 tragen als Gesamtschuldner 76 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Klägerin trägt 22 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 1. Im Übrigen tragen die Klägerin und die Beklagten Ziff. 1 bis 4 ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
6. Das Urteil ist für alle Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert:
bis 2. Februar 2010 | Bekl. 1 | Bekl. 2 bis 5 |
8.796,83 Euro | 0 Euro | |
danach | 6.900,96 Euro | 3.313,07 Euro |
Tatbestand:
Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, verlangt von den Beklagten Entgelt für die Lieferung elektrischer Energie.
I.
Am Wohngebäude Musterstasse 47 in Musterstadt befanden sich in den Jahren 2005 bis 2007 unter anderem Stromanschlussstellen mit den Zählernummern 4444 und 5555. Die Klägerin ermittelte folgenden Verbrauch und stellte ihn der „WEG Beklagte 1 bis 4 und RD “ in Rechnung:
1. für den Zähler 4444:
Zeitraum | 30. Juni 2005 -10. Juli 2006 | 11. Juli 2006 -» 24. Juli 2007 | 25. Jul 07 |
Verbrauch | 2.986 kWh | 2.952 kWh | 0 |
Entgelt | 571,65 € | 600,38 € | 0,10 € |
Rechnungsdatum | 24.07.2006 | 06.09.2007 | 10.01.2008 |
Zahlungsfrist | 07.08.2006 | 21.09.2007 | 25.01.2008 |
2. für den Zähler 5555
Zeitraum | 30. Juni 2005 –10. Juli 2006 | 11. Juli 2006 –24. Juli 2007 | 25. Juli 2007 |
Verbrauch | 10.003 kWh | 21.524 kWh | 0 |
Entgelt | 3.016,24 € | 2.712,42 € | 0,17 € |
Rechnungsdatum | 25.07.2006 | 06.08.2007 | 10.01.2008 |
Zahlungsfrist | 09.08.2006 | 21.08.2007 | 25.01.2008 |
In der Detailinformation zu den Rechnungen mit der Zählernummer 5555 war als Lieferanschrift die Musterstasse 47 und als Lage die „Wärmepumpe“ angegeben.
II.
Im Grundbuch über das streitgegenständliche Grundstück war seit 12.06.2001 Frau RD als Alleineigentümerin eingetragen. Am 12.12.2001 ließ Frau RD 122 % an die Beklagte Ziff. 1 auf, die seit 16.04.2002 als Miteigentümerin im Grundbuch verzeichnet ist. Am 31.10.2001 ließ Frau RD weitere 116 % an die Beklagten Ziff. 3 und 4 auf, die seit 14.06.2002 ebenfalls Miteigentümer, jeweils mit einem Anteil von 58 %, im Grundbuch eingetragen sind. Am 10.06.2002 ließ RD 80 % an die Beklagte Ziff. 2 auf, die seit 22.07.2002 ebenfalls als Miteigentümerin im Grundbuch verzeichnet ist. Schließlich ließ RD am 28.08.2003 die ihr noch verbliebenen restlichen 682 % an dem Grundstück an die Beklagte Ziff. 5, ihre Tochter, auf, die am 02.10.2003 als Miteigentümerin ins Grundbuch eingetragen wurde. Ausweislich des Grundbuchauszugs trug die Bekl. Ziffer 5 den Geburtsnamen B..
Die Rechnungen für die streitgegenständlichen Anschlussstellen verbuchte die Rechtsvorgängerin der Klägerin zunächst unter der Vertragsnummer 21183985 mit RD. Diese teilte mit Schreiben vom 22.09.2003 der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit, dass die Rechnungsbeträge zu einer Vertragsnummer 21183985 zukünftig von einem neu angelegten Konto „für die Grundstücksgemeinschaft“ abgebucht werden sollten, „da es sich um Strom für die Grundstücksgemeinschaft, welche aus vier verschiedenen Parteien besteht, handelt. Die Rechnungsanschrift sollte ebenso auf Grundstücksgemeinschaft
Beklagte 1 bis 4 und RD, Musterstrasse 47, Musterstadt, lauten!“. RD ließ eine Rechnung der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 8. September 2003 betreffend den Verbrauch am Zähler mit der Nummer 5555 durch einen Sachverständigen überprüfen. Der Sachverständige kam im Gutachten vom 9. Januar 2004 zum Ergebnis, dass die verbrauchte Strommenge mit dem Verbrauch einer Heizungsanlage kaum in Einklang zu bringen sei. Weiter heißt es in dem Gutachten: „Wir vermuten jedoch, dass durch die Inbetriebnahme der Heizungsanlage über Baustrom und die Brückung der Stromkreise der einzelnen Wohnungen während der Bauzeit noch einzelne andere Verbrauche mit gemessen werden, die nicht zur Heizung gehören …. Wir empfehlen Ihnen bei der nächsten technischen Wartung eine Leistungsmessung durchführen zu lassen, die den Stromverbrauch erfasst bei Betrieb der Anlage und wenn die Anlage ausgeschalten ist. So wäre festzustellen, ob eventuell die Wohnungen oder andere Verbrauche über den betreffenden Zähler noch Elektroenergie mit beziehen.“ Am 29. Juni 2004 schrieb der Prozessbevollmächtigte der Beklagten 1 bis 4 an die Klägerin, dass die Beklagten „bei Ihnen unter den obigen Kundennummern als WEG Musterstrasse 47 in Musterstadt geführt“ würden. Weiter schrieb der Prozessbevollmächtigte: „Nachdem die Umstellung der Verträge auf die WEG durch Frau RD veranlasst worden ist … „. Am 29. August 2005 übermittelte RD das Gutachten vom 9. Januar 2004 der Klägerin. Sie schrieb, dass der Stromverbrauch „nicht mit rechten Dingen“ zugehe, verlangte aber keine Überprüfung des Zählers. Am 31. Juli 2007 schrieben die Beklagten 3 und 4 an die Klägerin: „Über die unglückliche Situation von Zahlungsrückständen in der Musterstrasse 47 sind wir uns bewusst.“ Zur Vorbereitung ihrer Abrechnung sandte die Klägerin Postkarten an die „WEG Beklagte 1 bis 4 und RD“, in denen vorgedruckt war: „Zählerstände bitte eintragen, Karte abtrennen und an uns zurücksenden!“. Diese Karten enthalten handschriftliche Eintragungen von Zählerständen, die die Klägerin in der Folgezeit ihren Rechnungen auch zugrunde legte.
III.
Der Zähler mit der Nr. 4444 wurde im Jahr 2002 geeicht, der Zähler mit der Nr. 5555 im Jahr 2001. Zwischenzeitlich ging der ehemalige Stromlieferant des Gebäudes Musterstrasse 47 in der Klägerin auf. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 beziehen auf demselben Grundstück an weiteren Abnahmestellen Strom von der Klägerin. Diese stehen außer Streit.
IV.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten den abgelesenen Strom verbraucht und seien aus einem Stromlieferungsvertrag zur Bezahlung des berechneten Entgelts verpflichtet. Es handle sich um Abnahmestellen, die die Wärmepumpe und das Grundstück allgemein mit Strom versorgten. Hierfür würden die Beklagten als Miteigentümer des Grundstücks gemeinschaftlich haften. Sie hätten den Strom entnommen. Dadurch sei ein Versorgungsvertrag entstanden, der die Zahlungspflicht aller Beklagter begründe. Der Vertrag mit der Alteigentümerin sei zuvor beendet worden.
Sie beantragt daher:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.313,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
a) aus 2.712,42 € seit 22.08.2007,
b) aus weiteren 600,38 € seit 22.09.2007 und
c) aus weiteren 0,27 € seit 26.01.2008
zu bezahlen.
2. Die Beklagte Ziff. 1 wird verurteilt, an die Klägerin 3.587,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
a) aus 571,65 € seit 08.08.2006 und
b) aus weiteren 3.016,24 € seit 10.08.2006
zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 behaupten, es würde kein Vertragsverhältnis zwischen ihnen und der Klägerin bestehen. Es bestünde auch kein Gesamtschuldverhältnis und keine Wohnungseigentümergemeinschaft. Ein solches Vertragsverhältnis bedürfe der Textform. Ein Vertrag in dieser Form liege den Beklagten Ziff. 1 bis 4 jedoch nicht vor. Auch liege keine Bestätigung des Vertrags in Textform durch die Klägerin vor. Die Kündigung der Alteigentümerin RD sei daher unwirksam. Die Rechnungen seien nicht korrekt adressiert. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 tragen weiter vor, sie wüssten gar nicht, wo sich die genannten Zähler befänden. Es handele sich nicht um die Versorgungsstellen der einzelnen Wohnungen. Auf dem Grundstück befänden sich zwei Gebäude. Sie hätten zu den Ableseeinrichtungen bis Ende 2007 keinen Zutritt gehabt, weshalb sie nicht einmal wüssten, ob diese überhaupt von der Klägerin versorgt würden. Noch weniger hätten sie dort Strom entnehmen können. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 könnten sich auch nicht zu den abgelesenen Zählerständen äußern. Sie hätten keine Ablesekarten erhalten. Sie könnten daher auch die Zählerstände nicht bestätigen. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 vermuten, dass über die streitgegenständlichen Abnahmestellen Räume mit Strom versorgt würden, die ausschließlich von der Beklagten Ziff. 5 und RD genutzt würden.
Auch die Beklagte Ziff. 5 trägt vor, sie stehe in keinem vertraglichen Verhältnis zur Klägerin. Zum Zeitpunkt des Vertragswechsels am 22. September 2003 sei die Beklagte Ziff. 5 nicht als Eigentümerin im Grundstück eingetragen. Der Zähler 5555 ginge falsch, was der Klägerin auch bekannt sei. Der Klägerin liege ein Gutachten des Energieingenieurs G. vor, wonach der tatsächliche Stromverbrauch für eine Solarheizungsanlage nur zwischen 22,9 und 39,76 % der abgelesenen Menge beim Zähler 5555 liegen dürfe. Außerdem seien die Rechnungen der Klägerin der Beklagten Ziff. 5 gar nicht zugegangen; sie sei nicht in den Anschreiben genannt. Die Forderungen seien gegen die Beklagte Ziff. 5 daher gar nicht fällig.
V.
Die Klägerin beantragte zunächst einen. Mahnbescheid in Höhe von 8.796,83 Euro gegen die Beklagte 1. Nach Widerspruch und Abgabe beantragte die Klägerin wie unter IV. dargestellt. In der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2010 schlossen die Parteien einen widerruflichen Vergleich, wonach die Beklagten Ziff. 1 bis 5 jeweils 1.000,00 € an die Klägerin bezahlen sollten und die Beklagten Ziff. 1 bis 5 jeweils 1/7 sowie die Klägerin 2/7 der Kosten des Rechtsstreits tragen sollten. Mit Schreiben vom 27.04.2010 widerriefen die Beklagten Ziff. 2, 3 und 4 diesen Vergleich. Gleichzeitig zahlte die Beklagte Ziff. 5 den Betrag von 1.000,00 € an die Klägerin. Nunmehr ist zwischen den Parteien streitig, ob der Vergleich insgesamt widerrufen wurde oder nur hinsichtlich der Beklagten Ziff. 2 bis 4. Die Klägerin hat vorsorglich die Anfechtung des Vergleiches erklärt. Nach dem Vergleichswiderruf hat das Gericht durch Beschluss vom 30. Juni 2010 nach Zustimmung der Klägerin vom 24. Juni 2010 und der Beklagten vom 30. Juni 2010 das schriftliche Verfahren angeordnet. Nach Ablauf der im Beschluss vom 30. Juni gesetzten Schriftsatzfrist bis 30. Juli 2010 erklärte die Klägerin den Klagantrag aus Ziffer 1 mit Schriftsatz vom 9. August 2010 in Höhe von 1.000 Euro für erledigt.
Entscheidungsgründe:
I.
1. Die Klage ist vor dem Landgericht Stuttgart gemäß den §§ 12,13 ZPO, 23, 71 GVG zulässig. Die Klage richtet sich gegen mehrere Beklagte als Gesamtschuldner, so dass diese als Streitgenossen auftreten, § 59 ZPO. In diesem Fall kommt es für den Zuständigkeitsstreitwert auf den höchsten Wert an, der gegen einen der Streitgenossen erzielt wird (arg. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG, Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. Köln 2007, Rn 2273, 4925; RG, Urteil vom 6. April 1927 – 1250/26-, RGZ 116, 309). Der Wert gegen die Beklagte Ziff. 1 ist auf bis zu 9.000 Euro zu bewerten. Maßgebend ist der Antrag, der das Verfahren einleitet (§ 40 GKG). Vorliegend ist das der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids gegen die Beklagte Ziff.1.
Damit ist die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts für alle Beklagten gegeben.
2. Die subjektive Klageerweiterung nach Abgabe der Streitsache ist zulässig, ohne das es hierfür gemäß § 263 ZPO der Einwilligung der Beklagten Ziff. 1 bedürfte (Zöller, § 263 ZPO, Rn 21). Auch die Teilrücknahme mit der Abgabe konnte die Klägerin gemäß § 269 Abs. 1 ZPO ohne Einwilligung der Beklagten Ziff. 1 erklären, da zum Zeitpunkt der Teilrücknahme noch nicht mündlich verhandelt worden ist.
3. Der Klage steht nicht, auch nicht teilweise, die Rechtskraft des gerichtlichen Vergleichs vom 14. April 2010 entgegen. Diesen Vergleich haben die Beklagten Ziffer 2 bis 4 insgesamt widerrufen. Ob sich der Widerruf auf die einzelnen Beklagten beschränkt oder den Vergleich insgesamt vernichtet, ist objektiv danach zu beurteilen, was die Parteien tatsächlich gewollt haben, § 133 BGB. Gewollt war offensichtlich, dass jeder Beklagte einen Anteil an den insgesamt geltend gemachten Forderungen trägt. Dies ergibt sich aus der Formulierung, in der jeder Beklagte selbst eine eigenständige Verpflichtung übernommen hat und gerade keine Gesamtschuld vereinbart worden ist. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in der Kostenregelung wieder, in der jeder Beklagte sowie die Klägerin einen Kostenanteil allein trägt. Die Addition der Einzelbeträge (5 x 1.000 Euro) wie auch die Kostenquote der Beklagte 1/7, die Klägerin 2/7 bei einem streitigen Betrag von knapp 7.000 Euro) zeigt, dass mit dem Vergleich eine gleichmäßige Verteilung aller von der Klägerin eingeklagten Beträge gefunden werden sollte. In der Klage hat die Klägerin den Gesamtbetrag von 6.900 Euro in etwa zur Hälfte allein von der Beklagten Ziff. 1, zur anderen Hälfte von allen Beklagten gesamtschuldnerisch gefordert. Ein Teilwiderruf würde nun zu dem Ergebnis führen, dass die Klägerin an den Vergleichsabschluss mit der Beklagten Ziff.1 gebunden wäre, obwohl ihre im Vergleich geregelte Haftungsquote den in der Klage geltend gemachten Anspruch nicht wiedergibt. Aus dem Vergleichsabschluss ergibt sich aber gerade nicht, dass die Beklagte Ziffer 1 in geringerem Umfang haften sollte, als es der Quote nach der Klageforderung entspräche. Hätte die Beklagte Ziff. 1 im Vergleich gegenüber dem Klageantrag und den übrigen Beklagten bevorzugt werden sollen, hätte sich dies auch in der Kostenquote wieder gespiegelt. Vielmehr sollte mit dem Vergleich der gesamte eingeklagte Betrag auf die Beklagten verteilt und dabei auch das Innenverhältnis der einzelnen Beklagten geregelt werden. Dies wird auch dadurch deutlich, dass der Widerruf mit der Begründung erfolgte, der Vergleich berücksichtige die unterschiedlichen Haftungsquoten nicht sachgerecht. Der Klägerin war andererseits daran gelegen, den gesamten eingeklagten Betrag auf die Beklagten umzulegen. Ihr wäre ein Festhalten am Vergleich mit der Beklagten Ziff. 1 daher nicht zumutbar. Sie wäre dann hinsichtlich der Teilklageforderung in Höhe von 3.587,89 Euro an den Vergleich mit der Beklagten Ziff. 1 über 1.000 Euro gebunden. Dieses Ergebnis sollte aber mit dem gerichtlichen Vergleich nicht erzielt werden. Vor diesem Hintergrund ergibt die Auslegung des gerichtlichen Vergleichs, dass er nur insgesamt widerrufen werden konnte.
4. Unzulässig ist die Erledigungserklärung der Klägerin im Schriftsatz vom 9. August 2010. Das Gericht hat im Beschluss vom 30. Juni 2010 gemäß § 128 ZPO eine Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bis 30. Juli 2010 gesetzt. Im Beschluss vom selben Tage hat das Gericht der Klägerin aufgegeben, für die streitige Entscheidung ihren Antrag wegen der Teilleistung zu überdenken. Innerhalb der gesetzten Frist hat die Klägerin an ihrem Antrag festgehalten. In der weiteren Verfügung vom 30. Juli 2010 hat das Gericht auf zwei Punkte hingewiesen und allein „hierzu“ eine ergänzende Stellungnahmefrist gesetzt. Die Erledigungserklärung ist daher gemäß § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Den Parteien wäre erneut Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, wodurch sich der Rechtsstreit verzögern würde.
II.
Die Klage ist gegen die Beklagten Ziff. 1 bis 4 begründet.
Zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Gesamtheit der Wohnungseigentümer Musterstrasse 47 in Musterstadt besteht seit 2005 ein Stromversorgungsvertrag. Die Klägerin kann daraus für ihre Stromlieferungen das Entgelt in der begehrten Höhe verlangen.
Sämtliche Verpflichtungen der Rechtsvorgängerin sind nach Verschmelzung auf
die Klägerin übergegangen, § 20 Abs. 1 UmwG.
1. Es besteht ein Stromversorgungsvertrag.
a) Die Klägerin hat den Beklagten den Abschluss eines solchen Liefervertrages angeboten, indem sie den Nutzern des Hausgrundstücks Musterstrasse 47 in Musterstadt Strom an den Abnahmestellen mit den Zähler-Nr. 4444 und 5555 zur Verfügung gestellt hat (Realofferte).
Die Klägerin ist Stromlieferantin und Grundversorgerin iSd. § 36 EnWG. Infolge dessen beliefert sie auch die streitgegenständlichen Abnahmestellen mit Elektrizität. Die Beklagten Ziff. 1 bis 4 sind selbst Kunden bei der Klägerin und haben nach eigenem Vortrag Abnahmestellen in demselben Gebäude. Schon dies rechtfertigt den Schluss, dass die Klägerin Grundversorgerin ist. Darüber hinaus hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der Alteigentümerin des Grundstücks einen Stromlieferungsvertrag an den streitgegenständlichen Abnahmestellen abgeschlossen. Schließlich haben sich die Beklagten Ziff. 3 und 4 im Schreiben vom 31, Juli 2007 an die Klägerin gewendet, um die „unglückliche Situation“ zu klären. Diese Indizien sind ausreichend, um die Eigenschaft der Klägerin als Grundversorgerin zu begründen.
b) Dieses Angebot wurde angenommen, indem Strom aus dem Versorgungsnetz der Klägerin entnommen worden ist. Es handelt sich um schlüssiges Verhalten, das den Abschluss eines Stromliefervertrages begründet. § 2 Abs. 2 der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) sieht ausdrücklich vor, dass ein Versorgungsvertrag auf diese Weise abgeschlossen werden kann. Dabei handelt es sich um eine Rechtsverordnung auf Grundlage des § 7 Abs. 2 a. F. EnWG. Die Verordnung zum Erlass von Regelungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung im Energiebereich vom 26.10.2006 – StromGVV – hat zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht gegolten und ist auch nicht aufgrund der Übergangsvorschrift des § 115 Abs. 2 Satz 3 EnWG n. F. anzuwenden. Die Verordnung datiert vom 26. Oktober 2006, die Umstellung eines bestehenden Vertrags hätte nach § 115 Abs. 2 Satz 3 EnWG n. F. zum ersten Jahrestag des Inkrafttretens, also bis 26. Oktober 2007, erfolgen müssen. Die Abrechnung erfasst aber nur Zeiträume bis 25. Juli 2007. Insofern bestand noch keine Pflicht, den Vertrag an die StromGVV anzupassen, eine Anpassung durch Vereinbarung zwischen den Parteien ist ebenfalls nicht ersichtlich.
c) Vertragspartnerin der Klägerin ist eine Gesamthandsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geworden, die aus den Beklagten Ziff. 1 bis 4 und der Alteigentümerin des Grundstücks besteht. Zur Beantwortung der Frage, wem die tatsächliche Stromentnahme als auf den Abschluss des Stromversorgungsvertrags gerichtete Willenserklärung zuzurechnen ist, kommt es darauf an, an wen sich die Stromofferte richtet und wer aus Sicht des Versorgungsunternehmers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte dieses Angebot angenommen hat (OLG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 2006 – 6 U 1179/05 -, NJW-RR 2006, 1065; LG Itzehoe, Urteil vom 3. März 2009 – 1 S 179/08 -, ZMR 2009,616 m. w. N.). Angebote auf Erbringung von Versorgungsleistungen richten sich typischerweise an den/die Grundstückseigentümer, weil diesen auch ein entsprechender Versorgungsanspruch zusteht (vgl. §§ 10, 12 AVBEI1V, BGH, Urteil vom 30. April 2003 – VIII ZR 279/02 -, NJW 2003,3131). Bei den Abnahmestellen handelt es sich nicht um solche Stellen, die im Einzeleigentum eines Miteigentümers stehen. Vielmehr kommt der Strom, der den streitgegenständlichen Abnahmestellen entnommen wird, allen Grundstückseigentümern gleichermaßen zugute. Nach dem Sachvortrag der Klägerin, der durch das Gutachten, das die Beklagte Ziff. 5 vorgelegt hat, bestätigt wird, dient der am Zähler mit der Nr. 5555 entnommene Strom dem Betrieb einer Wärmepumpe. Die Anschlussstelle mit der Zählernummer 4444 befindet sich in einem Hausanschlussraum. Es handelt sich gerade nicht um Anschlüsse der einzelnen Wohneinheiten. Vielmehr dienen die Entnahmestellen der allgemeinen Grundstücksversorgung. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagten Ziff. 1 bis 4 vermuten, die Beklagte Ziff. 5 bzw. die Alteigentümerin würde über die Entnahmestellen privat genutzte Räume mit Strom versorgen. Aus Sicht der Klägerin handelt es sich um ein Versorgungsangebot mit Allgemeinstrom an entsprechenden Entnahmestellen. Die Frage, wie der Strom verwendet wird, betrifft das Innenverhältnis der Beklagten und gegebenenfalls der Alteigentümerin. Es geht jedoch nicht zu Lasten der Klägerin, dass die Beklagten und Grundstückseigentümer nicht für eine einvernehmliche Stromversorgung auf dem streitgegenständlichen Grundstück gesorgt haben. Unter objektiven Gesichtspunkten kommen als Vertragspartner die Grundstückseigentümer infrage. Ausweislich des Grundbuchs wurden alle Beklagte in der Zeit vom 12. Dezember 2001 bis 2. Oktober 2003 als Miteigentümer des Grundstücks eingetragen. Zum Zeitpunkt der eingeklagten Stromentnahmen vom 30. Juli 2005 bis 25. Juli 2007 waren folglich alle Beklagten Grundstücks(mit)eigentümer.
d) Es bestand auch kein Altvertrag, der dem Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags im Wege stehen würde (Grundsatz des Vorrangs eines durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten, BGH, Urteil vom 17. März 2004 – VIII ZR 95/03 -, NJW-RR 2004, 928; vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 66/04 -, NJW-RR 2005, 639; OLG Koblenz a. a. 0.; LG Mühlhausen, Urteil vom 30. März 2010 – 2 S 187/09 -, zitiert nach Juris). Im vorliegenden Fall bestand zunächst ein Versorgungsvertrag mit der Alteigentümerin. Diese teilte die Rechtsvorgängerin der Klägerin im Schreiben vom 22. September 2003 mit, dass die Rechnungen zukünftig an sie und die Beklagten Ziff. 1 bis 4 zu richten seien. Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin hat sich darauf eingelassen und die Rechnungen zukünftig, wie von der bisherigen Vertragspartnerin angegeben, adressiert. Dieses Verhalten ist als einvernehmliche Aufhebung des bestehenden Versorgungsvertrags zu werten. Gleichzeitig richtet sich das Angebot der Klägerin zur Stromversorgung bei objektiver Betrachtung nunmehr an die in dem Schreiben genannten Personen. Damit steht einem neuen Vertrag der Altvertrag nicht im Wege (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2003 – VIII ZR 279/02 -, NJW 2003,3131 unter 111 c; OLG Saarbrücken, Urteil vom 5. November 1993 – 4 U 75/93 – NJW-RR 1994, 436). Der BGH hat im Urteil vom 30. April 2003 für den umgekehrten Fall entschieden, dass eine Vereinbarung zwischen Alt- und Neunutzern nicht ausreichend sei, weil es an der Zustimmung des Versorgungsunternehmens fehle. Vorliegend ist jedoch gerade zwischen Alteigentümerin und Versorgungsunternehmen eine Vereinbarung zustande gekommen. Die Zustimmung der Klägerin ist im übrigen darin zu sehen, dass sie in der Folgezeit die Rechnungen, wie von der Alteigentümerin angegeben, an die „WEG Beklagte Ziff. 1 bis 4 und RD“ gerichtet hat. Im vorliegenden Fall deckt sich dieses Ergebnis mit der Tatsache, dass die Beklagten Ziff. 1 bis 4 ausweislich des Grundbuchauszugs zu diesem Zeitpunkt Eigentümer des Grundstücks waren und ihnen auch der Anspruch auf die Versorgung zusteht (BGH, Urteil vom 17. März 2004 – VIII ZR 95/03 -, NJW-RR 2004, 928 für Wasser). Diesen objektiven Eindruck bestätigen die Beklagten Ziff. 1 bis 4, indem sie in ihrem Schreiben vom 29. Juni 2004 an die Klägerin von einer „Umstellung des Vertrags“ sprechen. Die Kündigung des bestehenden Versorgungsvertrags und die Begründung eines neuen Vertragsverhältnisses ist auch nicht rechtsmissbräuchlich und stellt insbesondere keinen Vertrag zwischen der Alteigentümerin und der Klägerin zu Lasten der Beklagten Ziff. 1 bis 4 dar. Vielmehr ist der Sinn des Strombezugsvertrags, dass derjenige Vertragspartner wird, der den Strom nutzt. Die AVBEltV spricht an verschiedenen Stellen vom „Kunden“ und unterscheidet zwischen dem Kunden und dem „Anschlussinhaber“. Dies zeigt, dass Vertragspartner nicht zwingend der Anschlussinhaber wird (z. B. aufgrund seiner Stellung als Grundstückseigentümer), sondern der Nutzer. Vorliegend hat die Alteigentümerin das Grundstück (sukzessive) veräußert. Mit der Übertragung auf die Beklagten hat sie grundsätzlich das Grundstück nicht mehr benutzt und daher auch keinen Strom bezogen. Es stellt sich auch nicht als unbillig dar, wenn die Beklagten Ziff. 1 bis 4 für den auf ihrem Grundstück verbrauchten Strom als Vertragspartner in Anspruch genommen werden sollen.
e) Von dem Grundsatz, dass die Grundstückseigentümer Vertragspartner werden, ist jedoch abzuweichen, sofern der Sachverhalt hierfür Anhaltspunkte liefert. Insbesondere gehen konkrete Vereinbarungen und Absprachen dem konkludenten Vertragsabschluss vor (BGH a. a. 0.). Vorliegend teilte die Alteigentümerin der Klägerin im Schreiben vom 22. September 2003 mit, dass die Rechnungen zukünftig an die „Grundstücksgemeinschaft Beklagte Ziff. 1 bis 4 und RD“ zu richten seien. Die Beklagte Ziff. 5 ist in diesem Personenkreis nicht benannt. Sie trägt jetzt den Zunamen R und ausweislich des Grundbuchs den Geburtsnamen B.. Das Schreiben bedeutet vielmehr, dass neben den Beklagten Ziff. 1 bis 4 weiterhin die Alteigentümerin RD in der Personenmehrheit verbleibt. Als die Alteigentümerin das Schreiben aufsetzte, war die Beklagte Ziff. 5 auch noch nicht ins Grundbuch eingetragen, dies erfolgte wenige Tage später am 2. Oktober 2003. Aus dem Schreiben lässt sich daher entnehmen, dass die Alteigentümerin neben den Beklagten Ziff. 1 bis 4 in den Vertrag eintreten soll. Die Klägerin hat dies auch dadurch angenommen, indem sie ihre Rechnungen fortan an die Beklagten Ziff. 1 bis 4 und die Alteigentümerin versendet hat. Die Beklagte Ziff. 5 ist auch nicht später beigetreten, wie die Klägerin im – insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9. August 2010 – behauptet. Wenn die Klägerin hiervon ausgegangen wäre, hätte sie ihre Rechnungen zum Beitrittszeitpunkt auch an die Beklagte Ziff. 5 adressiert. Die Alteigentümerin engagierte sich auch noch nach dem Abschluss des neuen Vertrags für das Vertragsverhältnis und übersandte der Klägerin am 29. August 2005 das Gutachten des Sachverständigen Günther. Auch dies deutet darauf hin, dass die Alteigentümerin weiterhin Vertragspartnerin ist. Der Name der Beklagten Ziff. 5 taucht in den Rechnungen dagegen nicht auf. Damit ist die Beklagte Ziff. 5 nicht Vertragspartnerin geworden. Gegenüber der Klägerin treten die Beklagten Ziff. 1 bis 4 und die Alteigentümerin als Gesamthand auf. Sie bilden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck im Betrieb der Wärmepumpe sowie in der Verwendung des Allgemeinstroms liegt, § 705 BGB. Unerheblich ist, dass die Klägerin die Beklagten als „WEG“ tituliert hat. Entscheidend ist, wen sie als Vertragspartner angesehen hat. Dies waren nach Auffassung der Klägerin ersichtlich die Grundstücksnutzer Ziff. 1 bis 4 und die Alteigentümerin. Ob diese das Grundstück intern in Wohnungseigentum aufgeteilt haben oder als Gesamthandsgemeinschaft in Miteigentum nutzen, ist unerheblich. Die Falschbezeichnung ist unschädlich.
Schließlich ist es im Verhältnis der Klägerin zu den Beklagten unerheblich, ob alle Beklagten zu den Zählern Zugang haben. Der Vertrag zwischen der Klägerin und der Gesamthandsgemeinschaft enthält keine entsprechende Verpflichtung der Klägerin. Die Stromentnahme und ihre Zurechnung bestimmen objektiv die Vertragspartner. Strom kann auch entnommen werden, ohne dass eine Person Zugang zu der Entnahmestelle hat. Ein Vertrag kommt bereits dann zustande, wenn eine Anlage – z. B. eine Wärmepumpe – mit dem angebotenen Strom betrieben wird.
f) Der Vertrag muss nicht schriftlich niedergelegt werden. Allerdings sieht § 2 Abs. 1 Satz 2 AVBEltV vor, dass das Versorgungsunternehmen den Vertragsabschluß dem Kunden unverzüglich schriftlich bestätigt. Dies ist nicht geschehen. Hierbei handelt es sich indes um eine „Soll“-Vorschrift (Eckert, in Tegethoff/Büdenbender/Klinger, Das Recht der öffentlichen Energieversorgung, Loseblattsammlung, Bearb. 1998, § 2 AVBEltV, Rn 5; Zimmer, in Rayermann/Loibl, Energierecht, Berlin 2003, Teil I Kap. 4 Rn 59; LG Bielefeld, Urteil vom 7. März 1986 – 21 S 138/85 -, RdE 1986,205). Fehlt eine Vertragsurkunde, gehen zwar Auslegungsstreitigkeiten zu Lasten der Klägerin, die die Vertragsurkunde zu erstellen hätte. Konstitutiv ist die Vertragsurkunde jedoch nicht. § 125 BGB greift nicht ein.
2. Die Ansprüche sind gegen die Beklagten Ziff. 1 bis 4 fällig.
Nach § 27 Abs. 1 AVBEltV werden Beträge aus den vom Versorgungsunternehmen gestellten Rechnungen frühestens zwei Wochen nach ihrem Zugang fällig. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts reicht es aus, wenn die Rechnung einem Gesellschafter zugeht. Mangels entsprechender Vereinbarung ist davon auszugehen, dass jeder Gesellschafter vertretungsbefugt ist, §§ 709 Abs. 1, 714 BGB. Die Rechnung ist als Fälligkeitsvoraussetzung eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Auf ihren Zugang sind daher die Regelungen der Stellvertretung für Willenserklärungen entsprechend anzuwenden, § 164 Abs. 3 BGB. Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts reicht daher der Zugang an einen vertretungsbefugten Gesellschafter (Palandt, BGB, § 714, Rn 4; zur Kündigung OLG Hamburg, Urteil vom 10. März 1977 – 4 U 149/76 – MDR 1978, 489; Staudinger/Rolfs, BGB Kommentar Bearbeitung 2006, § 542 BGB, Rn 46). Dies ist ein allgemeiner Rechtsgedanke, der seinen Ausdruck in §§ 125 Abs. 2 S. 3 HGB, 28 Abs. 2, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB gefunden -18 – hat und daher auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt. Ein Zugang an alle Gesellschafter ist folglich entbehrlich. Maßgeblich ist, dass aus der Erklärung offensichtlich wird, dass sie sich an die GbR richtet. Dies ist bei den vorliegenden Rechnungen der Fall. Zwar sind sie an eine „WEG“ gerichtet, nicht an eine GbR. Die einzelnen Gesellschafter sind jedoch individuell bezeichnet. Es ist damit deutlich, dass die Rechnungen jeweils an die Beklagten Ziff. 1 bis 4 versendet werden sollten. Mindestens ein Gesellschafter hat von den Rechnungen auch Kenntnis erlangt, so dass ein Zugang vorliegt.
3. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften daher alle Gesellschafter gleichermaßen, §§ 718 Abs. 1, 421 BGB. Folglich sind die Beklagten Ziff. 1 bis 4 im Außenverhältnis gegenüber der Klägerin verpflichtet, für die volle Begleichung der Rechnungen einzustehen.
4. Die von der Klägerin beanspruchten Rechnungsbeträge sind auch der Höhe nach korrekt.
a) Zugunsten der Klägerin ist zu vermuten, dass die Zähler den Stromverbrauch richtig aufgezeichnet haben. Die Strommenge wird nach dem Gesetz durch Messeinrichtungen nach der Eichordnung (EO) festgestellt, § 18 Abs. 1 AVBEltV. Die Zähler wurden in den Jahren 2001 bzw. 2002 geeicht, diese hat nach Anhang B, OrdnungsNr. 20.1 zur Eichordnung eine Eichgültigkeit von 16 Jahren. Ein Grund für ein vorzeitiges Erlöschen der Gültigkeit der Eichung nach § 13 EO ist nicht ersichtlich. Es liegen daher gültige Messeinrichtungen vor. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs. 1 AVBEltV ist daher die Strommenge festgestellt. Nach § 30 Abs. 1 AVBEltV berechtigen Einwendungen gegen die Rechnungen den Stromabnehmer nur zur Verweigerung der Zahlung, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen. Es spricht eine Vermutung dafür, dass der von den Messstellen aufgezeichnete Verbrauch den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht (so auch für Gas Eckert, a. a. 0., § 19 AVBGasV, Rn 8).
b) Die Beklagten haben diese Vermutung nicht erschüttert. Das Gutachten, das die Beklagte Ziff. 5 vorgelegt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Gutachten des Energieingenieurs G. vom 09.01.2004 stellt fest, dass zwischen dem Bedarf der Solarheizungsanlage und dem tatsächlichen Stromverbrauch ein Widerspruch besteht. Mit keinem Wort erwähnt der Gutachter jedoch, dass dies auf einen Fehler der Strommessung zurückzuführen wäre. Vielmehr vermutet der Gutachter, dass noch andere Energiequellen über den Stromanschluss Energie bezogen haben. Aus dem Gutachten lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, dass die Messeinrichtung nicht fehlerfrei funktioniere. Auch sonst rechtfertigt das Verhalten der Beklagten diesen Schluss nicht. So könnten sie nach § 19 AVBEltV jederzeit die Überprüfung der Zähler verlangen, dies haben sie jedoch nicht vorgetragen. Weitere Gründe, die eine Überprüfung des Zählers rechtfertigen würden, wie z. B. ein übermäßig hoher Verbrauch im Ablesezeitraum im Vergleich zu anderen Zeiträumen (vgl. OLG Hamm, Beschluß vom 18. Dezember 2009 – 19 W 38/09 -, MDR 2010, 282), sind nicht vorgetragen. Vielmehr vermuten auch die Beklagten Ziff. 1 bis 4, dass weitere Energiequellen – angeblich von der Alteigentümerin angemietete Räume – über die entsprechenden Entnahmestellen mit Strom versorgt würden. Vor diesem Hintergrund brauchte das Gericht dem Beweisangebot zur Überprüfung des Zählers nicht nachzugehen.
Im Übrigen hat die Klägerin dann die ihr auf den Ablesekarten mitgeteilten Zählerstände zur Grundlage für die Verbrauchsermittlung herangezogen. Daher kannte zumindest eine Person der Gesamthandsgemeinschaft die Zählerstände und hätte bei Verdacht eines nicht ordnungsgemäß laufenden Verbrauchs die Möglichkeit gehabt, eine Überprüfung des Zählers zu veranlassen.
c) Die Zahlung der Beklagten Ziff. 5 von 1.000 Euro reduziert diese Forderung nicht.
Der Rechtsgrund für diese Zahlung lag im gerichtlichen Vergleich begründet, der entfallen ist. Die Bekl. Ziff. 5 wollte auf eine eigene Schuld bezahlen und nicht auf eine fremde Schuld. Die Beklagte Ziffer 5 gehört der Gesamthandsgemeinschaft nicht an. Mangels Gesamtschuld tritt die Wirkung des § 422 BGB nicht ein. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte Ziff. 5 und die Klägerin durch die Zahlung eine Vereinbarung über die Annahme an Erfüllung Statt zugunsten der Beklagten Ziff. 1 bis 4 hätten schließen wollen (§§ 364 Abs. 1, 328 BGB). Ein derartiger Wille der Beklagten Ziff. 5 drückt sich in ihrer Zahlung nicht aus. Eine eigene Schuld der Beklagten Ziff. 5 besteht nicht, so dass diese ohne Rechtsgrund an die Klägerin geleistet hat, ohne dass die Zahlung für die anderen Beklagten wirkt. Danach ist die Hauptforderung gegen alle Beklagte noch in Höhe von 3.313,07 Euro und gegen die Beklagte Ziffer 1 in Höhe von weiteren 3.587,89 Euro begründet.
5. Die Klägerin kann grundsätzlich Verzugszinsen verlangen, §§ 286, 288 BGB. Die Rechnungen der Klägerin enthalten jeweils eine Zahlungsfrist, nach deren Ablauf Verzug eingetreten ist, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Zum Zahlungstermin waren jeweils bereits zwei Wochen verstrichen, so dass die Beträge gemäß § 27 Abs. 1 AVBEltV fällig waren. Wegen der Einzelheiten zur Fälligkeit wird auf die Darstellung im Tatbestand verwiesen. Der Verzugszinssatz beträgt gemäß § 288 5 Prozentpunkte über dem jeweils gültigen Basiszinssatz.
III.
1. Ein vertraglicher Anspruch gegen die Beklagte Ziff. 5 besteht nicht, weil sie nicht Vertragspartnerin geworden ist, s. o.
2. Gegen die Beklagte Ziff. 5 besteht auch kein Anspruch aus §§ 683, 677, 670 Abs. 1 BGB. Ein solcher Anspruch kommt nur in Betracht, wenn ein Stromversorgungsunternehmen ohne Vertrag Energie liefert (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 66/04 -, NJW-RR 2005, 639). Vorliegend ist jedoch von einem durchgehenden Vertragsverhältnis auszugehen. Zu dem Zeitpunkt, da der Vertrag mit der Alteigentümerin beendet war, trat die Folgevereinbarung zwischen der Klägerin, der Alteigentümerin und den Beklagten Ziff. 1 bis 4 in Kraft. Derartige vertragliche Vereinbarungen stehen einem Geschäft „ohne Auftrag“ im Sinne des § 677 BGB entgegen.
3. Aus demselben Grund scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte Ziff. 5 aus ungerechtfertigter Bereicherung aus. Gegen die Beklagte Ziff. 5 bestehen keine Ansprüche, weshalb die Klage insoweit abzuweisen ist.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Bei der Ermittlung der Kostenquote ist vom Eingangsstreitwert im Mahnantrag auszugehen, § 40 GKG. Die Klägerin trägt die Kosten, die sich aus der Klagrücknahme ergeben. Eingefordert waren gegen die Beklagte Ziff. 1 insgesamt 8.796,83 Euro, die Bekl. Ziff. 1 ist noch zur Zahlung von 6.900,36 Euro verurteilt worden. Dies entspricht einer Obsiegensquote der Klägerin von 78 %. Die Beklagten Ziff. 2 bis 5 sind jeweils in Höhe von 3.313,07 Euro in Anspruch genommen worden, die Beklagten Ziff. 2 bis 4 entsprechend verurteilt worden, was einer Obsiegensquote der Klägerin von 100 % entspricht. Die obsiegende Beklagte Ziff. 5 ist von sämtlichen Kosten freizustellen. Deshalb ist zur Ermittlung der Kostenquote ein fiktiver Gesamtstreitwert zu bilden (vgl. OLG München, Urteil vom 5. Juni 2008 – 1 U 4031/07 -, zitiert nach juris). Der fiktive Gesamtstreitwert beträgt 8.796,83 (Klage gegen die Bekl. Ziff. 1) + (4 x 3.313,07 =) 13.252,28 (Klage gegen die Bekl. Ziff. 2 bis 5) = 22.049,11 Euro. Hier obsiegt die Klägerin in Höhe von 6.900,96 (gegen die Bekl. Ziff. 1) + (3 x 3.313,07 =) 9.939,21 Euro (gegen die Beklagten 2 bis 4) = 16.840,17 Euro, was einer Quote von 76 % entspricht. Die Klägerin trägt folglich 24 %, die Beklagten Ziff. 1 bis 4 tragen insgesamt 76 % der Gerichtskosten. Diese 76 % teilt das Gericht nicht weiter auf (§ 100 Abs. 2 ZPO). Eine Gesamtschuld erscheint insgesamt angemessen, nachdem die Beklagte Ziff. 1 zwar in höherem Maße in Anspruch genommen worden ist als die Beklagten Ziff. 2 bis 4, die Beklagte Ziff. 1 andererseits mit geringerer Quote unterliegt. Die Beteiligungen der einzelnen Beklagten sind nicht erheblich verschieden. Die Beklagten haften, nachdem sie als Gesamtschuldner in Anspruch genommen worden sind, auch für die Gerichtskosten als Gesamtschuldner, § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Beklagte Ziffer 5 hat obsiegt und ist von ihren außergerichtlichen Kosten freizustellen. Diese trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 1 trägt die Klägerin zu 22 %, da sie gegen die Bekl. Ziff. 1 in Höhe von 78 % obsiegt. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 2 bis 4 tragen diese selbst, da sie unterliegen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 ZPO.
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