Zum konkludenten Abschluss von Versorgungsverträgen mit Mietern – § 2 Abs. 2 StromGVV
BGB §§ 133, 157; StromGVV S 2 Abs. 2
Wird der Stromverbrauch einer in einem Mehrparteienhaus gelegenen und vermieteten Wohnung über einen Zähler erfasst, der ausschließlich dieser Wohnung zugeordnet ist, richtet sich die in der Bereitstellung von Strom liegende Realofferte des Versorgungsunternehmens regelmäßig nicht an den Hauseigentümer, sondern an den Mieter, welcher durch die seinerseits erfolgte Stromentnahme das Angebot konkludent annimmt
BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 165/18- LG Itzehoe
(im Anschluss an Senatsurteil vom 02.07.2014 – VIII ZR 316/13, BGHZ 202, 17 Rn. 14 und vom 22.07.2014 – VIII ZR 313/13, BGHZ 202, 158 Rn. 21)
ein Beitrag von Rechtsanwalt K. Paliakoudis – Stuttgart
zum Zahlungsverzug ohne Mahnung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV; BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1 – BGH, Urt. v. 25.01.2017 – VIII ZR 215/15
Die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV gewährt dem Grundversorger das ein einseitiges Recht im Sinne des § 315 BGB zur Bestimmung der Fälligkeit und damit auch der Leistungszeit (§ 271 BGB) .
BGH, Urt. v. 25.01.2017 – VIII ZR 215/15 (RdE 9/2017)
ein Beitrag von Rechtsanwalt K. Paliakoudis – Stuttgart
Zum Zahlungsverzug nach § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV-GasGVV
Einem Grundversorger steht gern. § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV ein einseitiges Recht zur Bestimmung der Leistungszeit i.S.d. § 286 Abs.2 Nr.1 BGB zu, so dass ein Stromkunde im Grundversorgungsverhältnis mit Ablauf eines vom Versorger in der Rechnung mitgeteilten Datums ohne Mahnung in Verzug gerät, sofern dieses Datum wenigstens zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung liegt.
BGH, Versäumnisurt. v. 08.07.2016 – VIII ZR 215/15- OLG Schleswig
ein Beitrag von Rechtsanwalt K. Paliakoudis – Stuttgart
§ 19 Abs. 2 StromGVV/GasGVV – Zum Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Duldung der Sperrung der Stromversorgung
- Der Erlass einer auf Duldung der Sperrung der Stromversorgung gerichteten einstweiligen Verfügung stellt keine Vorwegnahme der Hauptsache dar.
- Durch eine Versorgungsunterbrechung übt das Versorgungsunternehmen lediglich das ihm zustehende Zurückbehaltungsrecht aus, um ein weiteres Anwachsen der Zahlungsrückstände zu verhindern.
LG Wuppertal Urt. v. 18.06.2015 Az. 9 S 66/15
ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart
Haushaltskunde / Energiemenge / EnWG / Ersatzversorgung StromGVV
- Voraussetzung für das Zustandekommen des Ersatzversorgungsvertrags ist nach § 38 EnWG lediglich, dass ein Letztverbraucher über das Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck Energie bezieht, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann.
- Die weiteren Regelungen finden sich in der StromGVV, die gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 auch die Bedingungen der Ersatzversorgung nach § 38 EnWG regelt.
Landgericht Ravensburg Az. 703/15 KfH
ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart
Zum stillschweigenden Vertragsschluss durch Energieverbrauch – § 2 Abs. 2 StromGVV
- In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen, die von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt.
- Empfänger der Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrags ist typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Im Falle einer Vermietung oder Verpachtung (hier: einer Gaststätte) steht diese tatsächliche Verfügungsgewalt entsprechend der aus dem Miet- oder Pachtvertrag folgenden rechtlichen Befugnis dem Mieter oder Pächter zu. Hierbei kommt es – ähnlich wie bei unternehmensbezogenen Geschäften – nicht darauf an, ob dem Energieversorger die Identität des Inhabers der tatsächlichen Verfügungsgewalt bekannt ist.
- Diese auf den Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss weisenden Grundsätze gelten nur dann nicht, wenn gegenläufige Anhaltspunkte vorhanden sind, die im Einzelfall unübersehbar in eine andere Richtung weisen, oder wenn der Abnehmer der Versorgungsleistung bereits anderweitig feststeht, weil das Versorgungsunternehmen oder der Abnehmer zuvor mit einem Dritten eine Liefervereinbarung geschlossen haben.
(Bestätigung und Fortführung der Senatsrechtsprechung – BGH, Urteile vom 22.Januar 2014 –VIII ZR 391/12, CuR 2014, 27 Rn. 13 f.; vom 6.Juli 2011 – VIII ZR 217/10, NJW 2011, 3509 Rn.16; vom 25.November 2009 – VIIIZR 235/08, WuM 2010, 89 Rn.13; vom 10. Dezember 2008 – VIII ZR 293/07, NJW 2009, 913 Rn.6, 8 f., 11; vom 15. Februar 2006 – VIII ZR 138/05, NJW 2006, 1667 Rn. 15, 20; vom 27. April 2005 – VIII ZR 140/04, WM 2005, 1717 unter II 1 a; vom 26.Januar 2005 – VIII ZR 66/04, WM 2005, 1089 unter II 1 b aa und bb, und VIIIZR 1/04, ZNER 2005, 63 unter II 1 a und b; vom 16. Juli 2003 – VIII ZR 30/03, NJW 2003, 2902 unter [II] 1; vom 17. März 2004 – VIII ZR 95/03, WM 2004, 2450 unter II 2; Beschluss vom 20. Dezember 2005 – VIIIZR 7/04, WuM 2006, 207 Rn.2).
BGH, Urteil vom 2. Juli 2014 – VIII ZR 316/13
Energieversorgungsvertrag kommt durch die Energieentnahme zustande
Ein Energielieferungsvertrag kommt auch dann konkludent durch Energieentnahme mit dem Hauseigentümer zustande, wenn dieser die Energie nur vorübergehend und geringfügig entnimmt, um die versorgte Wohnung durch Renovierungsarbeiten für die Vermietung vorzubereiten.
OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2013 -19 U 116/13
ein Beitrag von Rechtsanwalt Dino Paliakoudis – Stuttgart
Zur Haftung für Stromschulden nach § 826 BGB wegen Verstoß gegen Mitteilungpflicht nach § 2 Abs. 2 StromGVV/GasGVV/AVBFernwärmeV /AVBWasserV
Zur Haftung für Stromschulden nach § 826 BGB wegen Verstoß gegen Mitteilungpflicht nach § 2 Abs. 2 StromGVV/GasGVV/AVBFernwärme/AVBWasserV
- Ein Versorgungsunternehmen, das im Rahmen der Grundversorgung Elektrizität liefert, hat ein besonders schützenswertes rechtliches Interesse daran, zu erfahren, wer sein Kunde ist. Denn der Grundversorgungsvertrag kommt nicht durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande, sondern dadurch, dass die Realofferte des Versorgers durch sozialtypisches Verhalten (Entnahme von Strom) angenommen wird.
- Nach § 826 BGB kann derjenige wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung haften, der die erforderliche Mitteilung gegenüber dem Versorgungsunternehmen unterlässt, wer dessen Vertragspartner ist. Ist Eigentümerin eines Grundstücks, das im Rahmen der Grundversorgung mit Elektrizität beliefert wird, eine juristische Person, trifft die Mitteilungspflicht deren gesetzlichen Vertreter.
- Der gesetzliche Vertreter haftet jedenfalls dann persönlich, wenn er auch auf Nachfrage des Versorgungsunternehmens nicht für Aufklärung sorgt, wer dessen Vertragspartner ist, obwohl er hierzu aufgrund seiner Stellung ohne weiteres in der Lage wäre. Die unterlassene Aufklärung genügt in diesem Fall für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes.
- Kann das Versorgungsunternehmen seine berechtigten Ansprüche mangels Kenntnis seines Vertragspartners nicht durchsetzen, haftet der Mitteilungspflichtige persönlich in Höhe der angefallenen Stromkosten.
im September 2014
ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart
§ 19 Abs. 2 S. 4, 5, 6 StromGVV – Unterbrechung der Stromversorgung bei Einwänden des Kunden gegen erteilte Jahresrechnung
Der Stromversorger ist bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen durch den Kunden auch bei Einwänden gegen die erteilte Jahresrechnung berechtigt, die Stromversorgung zu unterbrechen.
Unabhängig von streitigen Preiserhöhungen, die bei der Berechnung des Zahlungsrückstandes in bestimmten Fällen außer Betracht bleiben, schuldet der Kunde aus der Jahresrechnung bereits aufgrund des bei Vertragsschluss vereinbarten Anfangspreises zumindest einen entsprechenden Teilbetrag.
BGH 11.12.2013, VIII ZR 41/13
ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart
§ 19 Abs. 2 GasGVV – Klage auf Duldung der Unterbrechung der Gasversorgung
1.
Eine wegen Zahlungsrückständen gestützte Klage auf Duldung der Unterbrechung der Energieversorgung wird nachträglich unbegründet, wenn der Kunde im Laufe des Prozesses die Forderung erfüllt.
Werden derartige Rückstände im Laufe eines Gerichtsverfahrens von Seiten des Kunden ausgeglichen, ist der Versorger gehalten, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.
2.
Entstehen im laufenden Gerichtsverfahren jedoch neue Rückstände des Kunden, steht es dem Energieversorger frei, in Bezug auf diese neuen Zahlungsrückstände erneut eine Mahnung sowie eine Androhung der Versorgungsunterbrechung anzudrohen und nunmehr hierauf die Klage zu stützen. Dabei handelt es sich um eine Klageänderung, deren Zulässigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu behandeln ist.
OLG Celle, Urteil vom 16.05.2013 Az. 13 U 177/12
ein Beitrag von Rechtsanwalt Konstantinos Paliakoudis – Stuttgart